Klassifikation und Klassenkampf: Class Trouble begibt sich zu den unruhigen Ursprüngen der modernen Klassengesellschaft. Woher kommen die modernen Klassengesellschaften? Es wäre zu einfach, den Kapitalismus oder die Eigenlogik sozialer Systeme dafür verantwortlich zu machen. Wie Class Trouble am Beispiel Englands zeigt, waren es sehr unterschiedliche und heftig umstrittene Diskurse und Praktiken, aus denen im 17. und frühen 18. Jahrhundert die Idee einer in Klassen geteilten Gesellschaft entstand. Der Fokus der Untersuchung liegt auf den Medien und Verfahren, durch die sich das Prinzip der Klassenteilung effektiv durchsetzte. Neben den bevölkerungspolitischen Sortiertechniken der Politischen Arithmetik sind es vor allem die ›Neuen Medien‹ von 1700 (Kaffeehaus, Club, Zeitung, Zeitschrift), die als Agenturen einer klassifikatorischen Neuaufteilung des Sozialen verstanden werden können.
In der Gegenwart lässt sich ein Boom von multimedialen Werken beobachten: Escape Rooms, VR- und AR-Anwendungen oder immersive Theateraufführungen bieten multisensorische Erlebnisse und sprechen alle Sinne an. Dieses Buch erarbeitet ein neues Fiktionsmodell, das solche Werke als Fiktionen beschreibbar macht und zugleich eine methodische Grundlage für deren Analyse bietet. Fiktionen werden darin als synästhetische Erfahrungen konzipiert, die sowohl mentale Vorstellungen als auch sinnliche Interaktionen umfassen können. Dabei werden nicht nur imaginierte Inhalte, sondern auch materiale Objekte als mögliche Bestandteile von Fiktionen in den Blick genommen. In komparatistisch angelegten Analysen, die den Schwerpunkt auf Beispiele aus dem 19. Jahrhundert und der Gegenwart legen, werden konkrete Anwendungsmöglichkeiten für das Fiktionsmodell vorgestellt und dessen Mehrwert demonstriert.
Zum Zusammenhang von Hölderlins theoretischen Fragmenten „Das untergehende Vaterland …“ und „Wenn der Dichter einmal des Geistes mächtig ist …“. Mit einem Nachwort versehene überarbeitete Neuauflage der Ausgabe von 1985
Die Untersuchung bietet einen Kommentar der beiden Texte, in denen Hölderlin sich das Konzept ‚freier Kunstnachahmung‘ erarbeitet hat, auf dem sein Dichtungsverständnis wie sein poetisches Werk ab 1800 beruhen.
Die theoretischen Fragmente "Das untergehende Vaterland …" und "Wenn der Dichter einmal des Geistes mächtig ist …" sind für Hölderlins Verständnis poetischer Arbeit entscheidend. In "Das untergehende Vaterland …" werden der Anspruch wie die Bedeutung der Sprache der Dichtung geschichtsphilosophisch begründet und erläutert. An diese Grundlegung schließt die in "Wenn der Dichter …" formulierte ‚Verfahrungsweise des poëtischen Geistes‘ an. Was Dichtung begründet und zugleich fordert, erklärt Hölderlin als den Anspruch, ‚eine Erinnerung zu haben‘. Dies wird in der Untersuchung
en detail nachvollzogen. Mit einem ausführlichen Nachwort versehen liegt ein Standardwerk der Forschung in Neuauflage vor.
Der Band erforscht das Interventionspotential kleinster Zeiteinheiten und fragt, wie literarische, musikalische und künstlerische Momentaufnahmen und Augenblicksaufzeichnungen mit Konzepten einer sprunghaften und diskontinuierlichen Zeitwahrnehmung korrespondieren.
Die Beiträge zeigen, inwiefern der aktuelle Erregungsdiskurs über die Tyrannei des Moments und den flüchtigen Augenblick einen historischen Index hat und immer von dem unterschwelligen Mitlaufen der Reflexion über Subjektivität begleitet ist. Es werden verschiedene Modi des Entzugs von Moment und Augenblick offengelegt und gezeigt, wie die Auseinandersetzungsgeschichte auf diese Unzugänglichkeit mit einem eigenen Bilddenken reagiert.
Mit Beiträgen von Eva Axer, Ursula Geitner, Toni Hildebrandt, Alexander Honold, Thomas Macho, Sigrid Nieberle, Birger Petersen, Eckhard Schumacher, Christian Wimplinger und Norbert Christian Wolf.
Aus unterschiedlichen Perspektiven gibt dieser Band Einblicke in den deutschen Literaturbetrieb, dessen Institutionen und Umschlagplätze. Diskutiert werden Themen wie der Effekt der Digitalisierung auf den Buchmarkt, Literatur und Öffentlichkeit, Buchmessen und Bibliotheken, die Rolle von Literaturwissenschaftler_innen im Literaturbetrieb, postmodernes und postmigrantisches Theater, Herausforderungen literarischer Übersetzung, publizistische Literaturkritik und das Verhältnis von Literatur zu anderen Medien wie Film und Fernsehen. Der Begriff Mischkalkulation – ein stehender Begriff im Literaturbetrieb – reflektiert bei der vorliegenden Sammlung von Essays, Interviews, wissenschaftlichen Analysen und Arbeitsproben von Übersetzern auch eine wissenschaftliche Ökonomie, nämlich die Mischung aus präzisen Einzelstudien und übergreifenden Beiträgen unterschiedlichster Art.
Der Band geht auf eine Ringvorlesung an der Universität Paderborn im Sommersemester 2017 zurück. Die versammelten Beiträge gegenwärtiger Fachvertreter*innen unternehmen eine aktuelle Standortbestimmung der Komparatistik. Diskutiert werden vor diesem Hintergrund und anhand paradigmatischer Beispiele (1) die Ausweitung der Literaturwissenschaften – zu denen die Komparatistik seit ihrer Gründung und nach wie vor zu zählen ist – zu den Kulturwissenschaften, (2) Möglichkeiten des Fortbestehens und der Neubegründung komparatistischer Traditionen sowie (3) Konzeptionen des Faches, denen ein transkulturelles Verständnis der – insbesondere europäischen – Literatur und Kultur von der Antike bis zur Gegenwart zugrunde liegt.
In
Niemand zu Gast? Hospitalität im Werk Franz Kafkas wird eine in Kafkas Literatur vorzufindende kommunikationstheoretische Umdeutung der Erkenntnistheorie Immanuel Kants nachgewiesen. Für diese Umdeutung ist wesentlich, dass Kafka die von Kant in seiner Argumentation gegen eine mögliche Gegenwart von Geistern hervorgehobene Unterscheidung zwischen permeablen und undurchdringlichen materiellen Substanzen verwirft. Kafka ist sich mehr als bewusst darüber, dass das von Kant als Krankheit verachtete Geistersehen für das Verfassen eines Briefes sowie für jegliche Kommunikation mit nicht körperlich anwesenden Kommunikationspartnern notwendig ist. Im Gegensatz zu Kant setzt er sich mit der Existenz von Zeichen und Medien in ihrer Wirkung auf den Menschen auseinander. Er inszeniert sie als Besucher, die seine Protagonisten ansprechen, mit ihnen spazieren gehen, auf den Türschwellen ihrer Hauseingänge stehen oder als erwartete, wenn auch gespenstige Gäste in ihre Zimmer eintreten.
In Fernando Pessoas modernistischem Hauptwerk in Prosa, seinem
Buch der Unruhe wird die »Unruhe« zum wichtigsten Zug dieses fragmentarischen Schreibens. Das Unternehmen der Fragmente lässt sich darin zusammenfassen, dass sie die Unruhe als Inbegriff des Literarischen lesbar machen.
Die vorliegende Studie nimmt die Passivität und Unruhe für das Schreiben Pessoas in den Blick, das sich hierin in ein komplexes Verhältnis zur literarischen und philosophischen Tradition (Augustinus, Montaigne und besonders Pascal) setzt und zugleich auf poststrukturalistische Theorien des Schreibens (Barthes, Blanchot) weist. Mit der Befragung einer »Poetik der Unruhe« geht die Studie der Frage nach, inwiefern sich die moderne Literatur als etwas fassen ließe, das gerade auch als Kritik der Philosophie ein Denken vollzieht, das allein an diesem Ort des Schreibens, nämlich nur in seinem poetischen Vollzug der Passivität erfolgen kann: Die Studie behauptet für dieses Schreiben eine hierfür eingebrachte »Pathopoiesis«, eine poetische Hervorbringung also von
páthos als Bedingung wie Erfahrung literarischen Schreibens.
Unversehens stolpern wir und sind ungeschickt. Das kann passieren. Doch wie gehen wir damit um? Davon handelt die Fallgeschichte der deutschen Literatur. In ihrem Zentrum steht die Figur des ungeschickten Deutschen. Sie kombiniert Aufrichtigkeit und Kreativität mit linkischem Verhalten. Das verstieß in der Frühen Neuzeit gegen die Regeln der höfischen Gesellschaft, wurde in der Aufklärung aber zum Zeichen poetischer Kraft und gehört seit der Romantik zum Konstrukt des deutschen Nationalcharakters. Von den Anfängen im 16. Jahrhundert über die Heroisierung des Ungeschicks zum Missgeschick bis zu seinem Verblassen in einer globalisierten Welt erzählt davon erstmals diese alternative Geschichte der deutschen Literatur.