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Hegels Phänomenologie des Geistes stellt bis heute den umfassendsten Versuch dar, einen für die Moderne gültigen Begriff der Erfahrung zu begründen. Unter dem Stichwort ›Narben des Geistes‹ greift die Untersuchung Hegels Ansatz auf, um ihn zunächst mit literarischen Texten von Sophokles, Diderot und Goethe und in einem zweiten Schritt mit alternativen philosophischen Modellen von Benjamin bis zu Foucault zu konfrontieren. Den Abschluss bildet die Frage nach Erfahrungsbegriffen vor (Montaigne), parallel zu (Hölderlin) und nach Hegels Zeit (Nietzsche). Das Ziel der Untersuchung besteht in einer Kritik des Hegelschen Erfahrungsbegriffs im Blick auf den ästhetischen Diskurs der Moderne.
Wittgenstein rückt in seinen verstreuten Bemerkungen zur Ästhetik die unterschiedlichen Spiele von Ausdruck und Verstehen zwischen kultureller Tradition und spontanen Reaktionen in den Fokus. Cavell erläutert die Bedeutsamkeit von Kunst an den Medien und Werken seiner Gegenwart – und daran, wie mit ihnen zentrale Aspekte der menschlichen Lebensform erfahrbar werden. Die vorliegende Studie bietet eine systematische Lektüre der Kunstphilosophien Wittgensteins und Cavells, aber sie bleibt dabei nicht stehen. Sie testet ihre Befunde mithilfe philosophischer Betrachtungen aktueller Filme, Videos und Installationen von Jonathan Glazer, Mark Leckey, Rineke Dijkstra, Omer Fast, Isa Genzken, Douglas Gordon, Christian Marclay und Pharrell Williams.
Ulrich Richtmeyer zeigt, dass der allgemein als ein Sprachphilosoph anerkannte und dabei im Laufe vieler Jahre der Rezeption entsprechend kanonisierte Philosoph Ludwig Wittgenstein auch ein sehr produktiver und eigenständiger Bildphilosoph gewesen ist. Es soll dabei keineswegs um die provozierende These einer Verschiebung der Medienpräferenz in der Auslegeordnung des Philosophen gehen, sondern vielmehr um zwei andere, ganz bodenständige Ziele, die sich glücklicherweise miteinander verbinden lassen: erstens um eine Erweiterung unseres Verständnisses seines philosophischen Gesamtwerkes und zweitens um eine Bereicherung unseres Verständnisses der genuinen Medialität des Bildes.
1937, zwei Jahre vor dem Einmarsch der Truppen Nazideutschlands und seiner erzwungenen Emigration, hörte der junge Flusser zusammen mit seiner späteren Ehefrau Edith Barth in Prag Martin Bubers Vortrag „Vorurteil gegen Gott“. Der Kern der jüdisch geprägten Dialogphilosophie, das Realisieren des Ichs im Du, das Entwickeln des eigenen Denkens im Dialog, trieb den unermüdlichen Redner und Schriftsteller Flusser an. Der unbedingte Dialog ist auch der Antrieb der International Flusser Lectures, die 1999 durch das Vilém Flusser Archiv initiiert wurden mit der Idee, die Gedankenwelt des Prager Kulturphilosophen am Leben zu halten und sie regelmäßig zu überschreiten. Dieser Band stellt eine Auswahl der Vorträge zusammen und versammelt heterogene wie eigen- und widerständige Positionen im großzügigen Kontext des Flusserschen Denkens.
Mit Beiträgen von Christoph Asendorf, Norval Baitello jr., Klaus Bartels, Paola Bozzi, Hinderk M. Emrich, Harun Farocki, Susanne Hauser, Dietmar Kamper, Detlef B. Linke, Nils Röller, Elisabeth von Samsonow, Klaus Theweleit, Peter Weibel und Sigrid Weigel.
Viele empfinden die Gegenwart als zu hektisch, zu laut, zu oberflächlich, zu chaotisch. Doch diese Diagnosen unter dem Vorzeichen von Kulturkritik sind so alt wie die Moderne selbst. Was sich allerdings wandelt, sind die Medien von Klagen über Entfremdung und die Inszenierungen des Niedergangs. Der Band nimmt diese Klagetradition zum Anlass, um die Modalitäten von Kulturkritik näher zu beleuchten: In welchen Rede- und Schreibweisen, Erscheinungsbildern, Zeichen- und Ausdruckswelten nehmen kulturkritische Leidensemphasen Gestalt an? Und wie konsumieren zeitgenössische Rezipienten die alltäglichen Angebote der Kulturkritik?
Dieser alternative Zugang thematisiert die frühen phänomenologischen Schriften (1919–1923) des Autors, die um die fundamentale Frage nach einem Denken des Ursprungs kreisen. Es handelt sich um ein Denken, das für sich in Anspruch nimmt, einen genuinen und adäquaten Zugang zur ursprünglichen Struktur der faktischen Lebenserfahrung gefunden zu haben. Die zentrale These Mengas lautet nun, dass die Vorrangigkeit des Politischen gerade in dieser phänomenologischen Dimension entdeckt, weiter entfaltet und kritisch erörtert werden kann – bis hin zu Spuren einer Demokratietheorie in Heideggers früher Philosophie.
Jacques Rancière hat die Frage der Gleichheit in den Mittelpunkt der Kunstbetrachtung gestellt und damit international gerade an Kunsthochschulen Furore gemacht. Volkmar
Mühleis widmet sich eingehend Rancières ästhetischem Denken und befragt es erstmals kritisch im Rahmen der Kunstpraxis. Dabei zeigt sich zum einen die besondere Qualität von Rancières Ansatz für den Kunstdiskurs – der stets die Freiheit, aber kaum ihre Bedingung, die Gleichheit, verhandelte –, zum andern aber auch seine Schwächen. So operiert Rancière mit einem medialen Begriff, der kaum den Anforderungen technologischer Kritik heutzutage standhält. Wenn er ästhetische Erfahrung in Anspruch nimmt, ohne zu klären, was Erfahrung hier im Einzelnen heißt, so verbleibt er seinem emanzipatorischen Gedankengut nach in einer rationalistischen Tradition. Mit Blick auf die Schriften von Bernard Stiegler, Bernhard Waldenfels und Käte Meyer-Drawe zeigt Volkmar Mühleis, wie diese besondere Qualität von Rancières ästhetischem Denken auf ganz andere Art die gegenwärtige Debatte bereichern kann.