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In: Arbeit am Bild

Der vorliegende Aufsatz analysiert die Aktion André Bretons Zweites Surrealistisches Manifest, die im Juni 1996 im Rahmen des dreitägigen Prakterspektakels stattfand, eines Festivals, mit dem die Berliner Volksbühne ihre Spielstätte, den Prater im Prenzlauer Berg, einmal jährlich bespielte. Für dessen revolutionären Gestus diente die historische Performance Mise en accusation et jugement de M. Maurice Barrès par Dada als Vorlage. Im Rahmen der Performance übersetzte Schlingensief Bretons fragwürdige Behauptung, die erste und letzte surrealistische Tat sei der wahllose Schuss in die Menge, in die Aufforderung, sich eine Pistole zu besorgen und Helmut Kohl zu töten. Die Mitwirkenden rekrutierte Schlingensief während der vorangehenden Aufführung von Rocky Dutschke ’68, in der sich Schlingensief ebenfalls mit der Politikverdrossenheit der 1990er-Jahre auseinandersetzte. Gemeinsam zogen die Teilnehmer aus der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz zum Prater. Dort marschierte die Truppe lauthals Gesänge anstimmend und Parolen rufend ein – mit dabei eine lebensgroße Puppe. Sie ähnelte dem damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl und wurde sodann an den Pranger gestellt und malträtiert. Die Presse skandalisierte diese Aktion, jedoch ohne diesen Ausbruch aus dem Theater und seine ästhetische Strategie des Schocks als Epilog zu Rocky Dutschke ’68 zu lesen.

In: Christoph Schlingensief und die Avantgarde
Christoph Schlingensief und die Tradition
Das enfant terrible und die Tradition? Ein Sammelband widmet sich Christoph Schlingensiefs Umgang mit medialen, ästhetischen und genrehistorischen Traditionslinien.
Die ‚Arbeit am Bild‘ erklärte Christoph Schlingensief retrospektiv zu seinem zentralen ästhetischen Prinzip. Und tatsächlich präsentieren sich seine Projekte gleichermaßen als Bildproduktions- wie Bildzerstörungsmaschinerien. Der vorliegende Sammelband unternimmt eine interdisziplinäre Kontextualisierung des Œuvres und befragt Schlingensiefs Werk konsequent auf seine medien-, kultur- und genrehistorischen Bezüge. In den Fokus rückt damit erstmals in einem umfassenden Sinne Schlingensiefs produktives Verhältnis zur Tradition.
Christoph Schlingensief lebt, die Avantgarde lebt. Beide totzusagen, wäre ein Abgesang auf die transformative Kraft der Kunst. Christoph Schlingensief setzte sich in seiner Arbeit über mehr als vier hochproduktive Jahrzehnte mit avantgardistischen Bewegungen der Musik, der darstellenden und bildenden Künste, der Literatur und des Films auseinander. Seine heterogenen Verweise stellen die Vielfalt dessen aus, was zwischen der performativen Lautmalerei des Dadaismus und dem erweiterten Kunstbegriff von Joseph Beuys als Avantgarde gilt. In den Analysen, Theoriediskussionen und Erinnerungen dieses Bandes, die sich den prominentesten Bezugnahmen in Schlingensiefs Filmen, Inszenierungen, Aktionen und Installationen auf avantgardistische Stilrichtungen und Programme widmen, wird somit auch deutlich, wie Schlingensief selbst avantgardistisch wirksam wurde, und die Kunstwelt in ihrem Selbstverständnis transformierte und belebte.