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Der vorliegende Beitrag widmet sich der musikalischen Rezeption des sogenannten Traums vom Pferdchen aus Fjodor Dostojewskijs Roman Verbrechen und Strafe (1866). In einem ersten Teil wird die Funktion dieses Traums im Kontext des Romans untersucht. Danach wird die Rezeption dieser Episode seitens unterschiedlicher Komponisten ab den 1920er Jahren herausgearbeitet. Eine besondere Aufmerksamkeit wird hier auf die »dramatische Szene« Raskolnikows Traum (1956) des deutschen Komponisten Giselher Klebe gelegt. Dabei werden Klebes Umdeutung der Episode im Sinne einer Bekenntnis gegen das Unrecht in der Welt sowie die verschiedenen musikalischen Mittel hervorgehoben, welche der Komponist verwendet, um eine traumhafte Atmosphäre akustisch zu erzeugen.
Medienkomparatistisch ausgerichtet, erschließen Wissenschaftler_innen der Alt- und Neuphilologien, Musikwissenschaft, Kunstgeschichte, Theologie, Philosophie, Medien-, Film- und Kulturwissenschaft systematisch die Ästhetik und Poetik von Traumdarstellungen in unterschiedlichen Medien. Aus historischer Sicht werden ferner Traum-Paradigmen aus den europäischen Kulturen von der Antike bis zur Gegenwart analysiert. Wie reagieren Künstler und Intellektuelle verschiedener Epochen auf die Erlebniswelt des Traums und auf das Traumwissen ihrer Zeit? Welche Wechselwirkungen bestehen zwischen Wissensgeschichte, Kultur und Traumästhetik? Generiert der ›Eigensinn‹ des Traums in den unterschiedlichen Medien neue ästhetische Verfahren?
Der Spruch im Alten Testament, die Fragmente Heraklits oder die Aphorismen von Kafka, die Maximen der Moralisten und das japanische Haiku – sie alle sind Experimente knappster Verdichtung, die sich gerade deshalb als zeitresistent erwiesen haben. Gleichwohl setzt die Linguistik die Textgröße oftmals erst oberhalb des Einzelsatzes an. Der Band versammelt ein weites Spektrum von Beiträgen aus Philosophie, Theologie, Soziologie, Sprach-, Literatur- und Musikwissenschaft zu einem interdisziplinären, vielstimmigen Gespräch – über die Grenzen der Kulturen wie der Zeiten hinweg. Gebündelt sind diese Beobachtungen im Stichwort der Nanotextualität, um die Effizienz extremer Konzentration in ästhetischen, ethischen und logischen Konsequenzen zu vergleichen.