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10. Todestages des Autors unterschiedlichen Spuren nach, die ihn mit der Zeit um 1800 ins Gespräch bringen.
Auch wenn die Einflüsse der symbolistischen und klassischen Moderne prägend gewesen sein mögen – ohne den Bezug zur Romantik lässt sich das Werk Hilbigs nur schwer verstehen. Noch vor der Rehabilitation romantischer Schreibweisen in der DDR-Literatur der 1970er Jahre und in seiner Radikalität einzigartig entdeckt Hilbig Autoren wie E.T.A. Hoffmann und Novalis für sich und anverwandelt deren Stimmen in seiner Lyrik und Prosa. Im Ergebnis spiegelt Hilbigs hier erstmalig ausführlich diskutierte Geisteshaltung und Lebensform der Asozialität die identitätsskeptische und gesellschaftskritische Attitüde der Romantiker um 1800 in den deutsch-deutschen Abenteuern des späten
20. Jahrhunderts: grotesk, sprachbewusst und bildversessen.
Deutlicher als in anderen Feldern der DDR-Literatur waren die Autorinnen und Autoren von Reiseliteratur privilegiert, und es ist interessant zu sehen, wie sie mit diesem Sachverhalt umgingen – ob sie ihn thematisierten oder stillschweigend hinnahmen. Und doch gilt auch für die Reiseliteratur der DDR: In einer sehr komplexen Weise schwanken die Texte zwischen Anpassung und impliziter oder offener Kritik an Zuständen in der DDR. Kommentare über das Fremde sind immer auch implizite und explizite Kommentare über das Eigene, und die Leserinnen und Leser der DDR-Literatur waren versiert in der Kunst, zwischen den Zeilen zu lesen.